„Wie sieht ihre rechtliche Situation aus?“
Wenn ein Flüchtling, sei es Frau oder Mann oder Kind, irgendwie die
Bundesrepublik Deutschland erreicht hat und nicht illegal hier leben
will, muss er/sie einen Antrag auf Asyl stellen und wird dann in eine
Erstaufnahmeeinrichtung eingewiesen, auch wenn es ein Unterkommen bei
Freunden oder Verwandten gäbe. Die Verteilung erfolgt nach den
Bedürfnissen der Verwaltung und nicht der Flüchtlinge. Die
Erstaufnahmeeinrichtung für Rheinland-Pfalz ist in Trier, weitere
Einrichtungen sind in Ingelheim, Kusel, Bingen, Hermeskeil und Speyer.
Weil zur Zeit so viele Asylbewerber kommen, werden sie sehr oft ohne
Aufnahmeverfahren auf die Kommunen verteilt. Dort warten sie mitunter
monatelang auf ihre Antragstellung und „Anhörung“, die Voraussetzung für
eine Entscheidung über ihren Flüchtlingsstatus ist.
Die Prozedur der Entscheidung über den Asylantrag ist sehr kompliziert und sehr langwierig.
Die Anhörung durch das Bundesamt, von der so viel abhängt, ist in sich sehr problematisch:
Wenn jemand sehr Schweres erlebt hat, z.B. Vergewaltigung, Folter,
Verletzung, Tötung naher Angehöriger usw. kann er/sie nicht einfach
darüber sprechen, er/sie kann oft mal nicht einmal daran denken, denn
jede Erinnerung daran ist mit unvorstellbar starker Angst verbunden, so
dass manchmal sogar die Erinnerung daran aussetzt. Diese Menschen leiden
an einer posttraumatischen Belastungsstörung mit vielen körperlichen
und psychischen Beschwerden und können oft erst in einer späteren
speziellen Therapie vorsichtig über ihre schweren Erlebnisse sprechen.
Weil die Flüchtlinge ihre schweren Erlebnisse nicht vorbringen
können, so dass die Mitarbeiter des Bundesamtes keine schwerwiegende
Gefährdung feststellen, wird ihr Antrag auf Asyl in Deutschland so
häufig abgelehnt.
Gegen die Entscheidung des Bundesamtes kann man klagen und wird es
erst recht tun, wenn wie oben geschildert, die schwerwiegenden
Verletzungen und Bedrohungen erst später, evtl. von einem aufmerksamen
Betreuer, erkannt werden. Weil die Flüchtlinge wenig Geld haben, der
Streitwert nicht hoch ist und damit nur wenig Geld (und nur in
Ratenzahlung) zu verdienen ist, gibt es nur wenige Rechtsanwälte, die
für Flüchtlinge arbeiten.
Es gibt Rechtshilfefonds für diese Fälle, z.B. bei der Diakonie,
der Caritas oder pro Asyl, die aber in der Regel schon vor Ende des
Jahres erschöpft sind. Die Gerichte erwarten auch oft ein ausführliches
psychologisches Gutachten, das mit 300 bis 1000 € sehr teuer ist.
Die Prozesse sind jedoch häufig erfolgreich und viele der vom Bundesamt
abgelehnten Asylbewerber bekommen doch noch irgendwie ein Bleiberecht.
Als allerletzte Möglichkeit gibt es noch die Vorstellung des Falles
bei der Härtefallkommission des Landes, die aus humanitären Gründen ein
Bleiberecht bei der Landesregierung befürworten kann, dem auch
normalerweise nachgegeben wird.
Wenn jemand abgelehnt wurde, keinen Prozess machte oder den Prozess
verloren hat, muss er/sie ausreisen. Er/sie bekommt eine Frist vom
örtlichen Ausländeramt, bis zu der er oder sie oder die Familie
Deutschland „freiwillig“ verlassen werden muss. Kann oder tut er oder
sie das nicht, erfolgt eine Abschiebung mit Polizeigewalt.
Im Jahr 2017 mussten 411 Personen ausreisen, 73 Personen wurden abgeschoben.
Verteilung auf Städte und Gemeinden
Nach der Anhörung, in manchen Fällen auch ohne Anhörung, werden die
Flüchtlinge im Bundesland nach verwaltungstechnischen Regeln verteilt,
ohne Rücksicht auf die Wünsche der Flüchtlinge, die gerne dorthin gehen
würden, wo sie Verwandte und Freunde haben. Die Asylbewerber werden
gleichmäßig (nach dem sog. Königsteiner Schlüssel) auf die Kommunen
verteilt.
In Ludwigshafen werden die Neuankömmlinge allermeist in den
Sammelunterkünften Wattstraße, Meßplatz, Alter Bahnhof Oggersheim,
Rampenweg, Mannheimerstraße und Edigheimerstraße untergebracht.
Inzwischen ist es auch möglich, dass die Stadt (Sozialamt) Wohnungen in
der Stadt für Familien anmietet, in die die Familien aus den Hallen,
umziehen können. In den anderen Sammelunterkünften bleiben sie oft über
einige Jahre bis eine Entscheidung über den Aufenthalt gefallen ist.
Aus der Sammelunterkunft ausziehen darf nur, wer eine Anerkennung
eines Bleiberechtes bekommen hat oder die Genehmigung vom Sozialamt
bekommen hat. Die Genehmigung gibt es nur bei Krankheit; oft muss das
Gesundheitsamt entscheiden, dass das Leben in der Sammelunterkunft eine
Gesundheitsgefährdung darstellt.
„Wohnraum“- Situation
Die Unterkünfte liegen in Industriegebieten (wo sonst kein Mensch
wohnen darf außer dem Betriebsbesitzer oder Hausmeister) an Eisenbahn
und Schnellstraße ohne Schallschutz. Bis zu 3 Personen auf 15 qm mit
Gemeinschaftsküche und Gemeinschaftssanitärräumen.
Familien mit kleinen Kindern haben ein „Appartement“ von 30 qm einschließlich Küche und Dusche, belegt mit bis zu 4 Personen.
Diese „vorübergehende“ Unterbringung dauert oft jahrelang und ist
wegen der Enge schwer zu ertragen, erst recht für Menschen, die schon
vorher Schweres durchgemacht haben.
Die Stadtverwaltung hatte in 2015/16 insgesamt 184 Wohnungen für
neu angekommene Asylbewerberfamilien anmieten können. Inzwischen mietet
sie keine Wohnungen mehr an. Etwa 50 % der Flüchtlinge leben in
Sammelunterkünften.
Ein großes Problem ist, dass anerkannte Flüchtlinge mit Bleiberecht
weiter in den Sammelunterkünften leben müssen, weil sie keine passende
Wohnung in der Stadt finden können. Es gibt auch einige, die arbeiten
und ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten. Sie müssen dann Miete
zahlen: 195 € pro Monat plus 33 € für Strom für ein Bett in einem 2-6
Bettzimmer mit heruntergekommener Gemeinschaftsküche und -sanitäranlage.
Lebensunterhalt für Asylbewerber
Asylbewerber bekommen in der ersten 15 Monaten sog.
Asylbewerberleistung. Diese liegt zwischen 62 bis 26 €, je nach Alter,
unterhalb vom Hartz IV Satz. Die Leistungen wurden im Frühjahr 2016 um
10 € vermindert und dann eingefroren, weil die Bundesregierung die
Leistungen weiter senken wollte, der Bundesrat jedoch dagegen gestimmt
hatte. Nach 15 Monaten sollen die Asylbewerber die Hartz IV Sätze und
den Zugang zu einer Krankenkasse bekommen, das ist jedoch wiederum mit
Ausnahmen geregelt und wird vom Sozialamt längst nicht immer
durchgeführt.
Arbeit
In den ersten drei Monaten gibt es ein striktes Arbeitsverbot,
danach kann (!) das Ausländeramt eine Arbeitsgenehmigung erteilen, wenn
der/die Asylberber/in von sich aus einen Arbeitsplatz gefunden hat. Nach
4 Jahren benötigt man die Erlaubnis des Ausländeramtes nicht mehr.
Inzwischen ist es sehr erwünscht, dass die Flüchtlinge schnell
anfangen zu arbeiten. Es gibt eine eigene Stelle bei der Agentur für
Arbeit (Abteilung Asyl und Flucht), die vermitteln soll. Trotzdem ist es
wegen der Sprachprobleme und der kurzen Fristen der
Aufenthaltserlaubnis sehr schwer eine Arbeit zu finden.
Residenzpflicht
Wohnen müssen die Asylbewerber auf jeden Fall in der Gemeinde, in
die sie „verteilt“ worden sind. Es gibt große Schwierigkeiten, wenn z.B.
ein Ehepaar oder Familie getrennt geflohen ist, getrennt angekommen und
getrennt verteilt wurde und dann zusammenleben möchte. Viele Anträge
und Verhandlungen sind dazu erforderlich und viel Geduld.
Zum Glück ist der Aufenthalt nicht mehr beschränkt auf den Bereich
der zuständigen Ausländerbehörde sondern erweitert auf ganz Deutschland.
Allerdings kann die Ausländerbehörde in Einzelfällen wieder die
Residenzpflicht mit Aufenthaltsbeschränkung anordnen.
Sprachkurse
Inzwischen gibt es eine große Anzahl an Sprachkursen von der VHS und
diversen kommerziellen Anbietern. Bei der Gewährung der Sprachkurse wird
unterschieden zwischen Menschen aus Ländern mit „guter
Bleibeperspektive“ (d.h. aus Syrien, Iran, Irak, Eritrea, Somalia) und
den anderen. Insbesondere die vielen Flüchtlinge aus Afghanistan werden
bei den Sprachkursen benachteiligt.
Die Sprachkurse sind recht groß und oft nicht an den Fähigkeiten und
Bedürfnissen der Teilnehmer orientiert sondern zeigen oft unflexible
Routine.